Wenn du auf dem Weg nach Segovia bist, solltest du auf jede Fall in dem mittelalterlichen Dorf Pedraza Halt machen. Das kleine ca. 500 Einwohner große Dorf liegt etwa 41 km von Segovia entfernt, in den Ausläufern der Sierra de Guadarrama. Warum Pedraza oder Pedraza de la Sierra eines der schönsten Dörfer in Spanien ist, zeige ich dir in diesem Artikel.
Im 16. und 17. Jahrhundert kam Pedraza durch die Wollindustrie zu hohem Reichtum. Fast 5000 Menschen lebten damals hier. Als im 20. Jahrhundert immer mehr Menschen nach Segovia und nach Madrid zogen, zerfielen in Pedraza immer mehr Gebäude. Dieser Prozess hielt bis in die 60er Jahre an, obwohl Pedraza bereits seit 1951 als 'Nationales Kulturgut' (Bien de Interés Cultural) gilt.
In den späten 60ern wurde Pedraza von Filmemachern wie Jacques Catelain und Florián Rey entdeckt. Warum, davon kann sich jeder selbst vor Ort überzeugen. Pedraza ist eine wunderbare mittelalterliche Kulisse. Zum Glück zog es auch immer mehr Künstler*innen, Designer*innen und andere kreative Köpfe in dieses charmante Örtchen, um ihm wieder mehr Leben einzuhauchen. Auch heute gibt es noch einige individuelle Läden, die sich Handwerksarbeiten und regionalen Produkten widmen.
In Pedraza scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Dies merke ich bereits, als ich das Dorf betrete. Pedraza liegt auf einem Hügel und ist komplett von einer Mauer umgeben. Als Eingang dient nur ein einziges erhaltenes Tor (Puerta de la Villa). Dieses ist so groß, dass Menschen und kleinere Wägen hindurchpassen. Für LKWs hört die Reise an dieser Stelle allerdings schon auf.
Das beste was ich euch in Pedraza empfehlen kann, ist durch die urigen Straßen und über die Plätze zu schlendern. Es ist eine Wohltat, hier zu entschleunigen und die vielen Details überall zu entdecken. Die alten Türen und Fenster, die schmiedeeisernen Balkone und Steinfassaden mit prunkvollen Wappen. Die kleinen Läden mit Antiquitäten, Keramik und anderem Handwerkzeug machen die Straßen noch einladender. An einer Hausfassade sah es so aus, als wenn ein großer Lehm-Pizza-Ofen direkt durch die Wand gebaut wurde.
Ein beeindruckender Ort in Pedraza ist zweifelsohne der Plaza Mayor. Dienstags findet hier der Wochenmarkt statt. Zu meinem Besuch war der gesamte Platz bereits mit Holzbarriakaden und Holzsitzplätzen verkleidet, weil kurze Zeit später ein großes Fest stattfand. Musiker zogen auch einmal über den Platz, um sich dann in einem der Restaurants am Plaza Mayor eine Erfrischung zu gönnen. Um den gesamten Platz herum führen überdachte Passagen, die im Sommer auch ein wenig Schatten spenden. Wenn du einen genaueren Blick auf die Fotos wirfst, wirst du sehen, dass die Passagen bloß von Holzbalken getragen werden. Ich fühle mich hier ein wenig wie in der Kulisse für einen mittelalterlichen Film. Kein Wunder also, dass Orson Welles für seinen Shakespeare-Fim Falstaff - Glocken um Mitternacht (Campanadas a medianoche) auch Pedraza als Kulisse gewählt hat.
Pedraza war bis zum 18. Jahrhundert eine blühende Handelsstadt. Davon zeugt auch die Burg mit ihrer doppelten Mauer, den Türmen und dem Burggraben im Dorf. Die Burg (Castillo de Pedraza) brannte 1813 durch die Französische Garnison nieder. 1925 wurde sie von dem baskischen Künstler Ignacio Zuloaga - wahrscheinlich für einen extrem günstigen Preis - erworben. Er ließ die Burg restaurieren und nutzte es als Studio für seine Arbeiten. Heute beherbergt die Burg das Zuloaga-Museum mit Keramikarbeiten, Gemälden und Zeichnungen von Zuolaga sowie anderen Künstler*innen.
Die Kirche San Juan wurde im romanischen Stil erbaut. Aus dieser Zeit stammt auch der Turm und die Apsis.
Ein weiteres Highlight in Pedraza ist das mittelalterliche Gefängnis (La carcel de la Villa), direkt neben dem Eingangstor Puerta De La Villa. Während des spanischen Bürgerkrieges waren hier Gefangene untergebracht. Auf einer Führung kannst du Graffiti an den Wänden von Wärtern bestaunen und dich über Folterinstrumente gruseln, die verwendet wurden, um Gefangene zu einem Geständnis zu bringen.
In Pedraza finden jedes Jahr ganz typisch spanisch einige Feste statt. Als ich Ende August hier war, bereitete sich das Dorf bereits auf die "fiesta de plaza" (das Fest des Platzes) im September vor. An den meisten Balkonen hingen bereits zur Festtagsvorbereitung viele farbige Tücher.
Das wohl bekannteste Fest in Pedraza wird jedes Jahr im Juli gefeiert: Conciertos de las velas (Konzerte der Kerzen). Tausende von Kerzen illuminieren bei diesem Fest das Dorf, während auf dem Plaza Mayor klassische Musik gespielt wird. Das muss eine magische Atmosphäre sein.
Pedraza bietet einige gemütliche Restaurants. Mit alten Holzöfen ausgestattet werden dort lokale Spezialitäten wie Schwein, Lamm und Spanferkel zubereitet. Zugegebener Maßen ist die traditionelle spanische Kost nicht sehr für eine Vegetarierin wie mich geeignet, aber auf den Speisekarten findet sich meistens auch etwas vegetarisches oder eine abgewandelte vegetarische Variante.
Hier eine kleine Auswahl an Restaurants in Pedraza:
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Das Dorf Pedraza versprüht eine ganz besondere Atmosphäre: durch die engen Gassen schlendern, über die urigen Steinhäuser staunen. In Pedraza fühle ich mich in die Vergangenheit zurückversetzt. Die Uhren scheinen etwas langsamer zu ticken - ein sehr angenehmer Ausgleich zu wuseligen Städten wie Madrid oder Segovia in der Umgebung. Wenn ihr in der Nähe dieser Städte seid, stattet diesem charmanten Dorf einen Besuch ab und lasst euch von Pedraza verzaubern.
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